Landleben vs. Stadtliebe

Seit gut eineinhalb Jahren leben wir jetzt hier in dieser Postkartenidylle oder besser gesagt dort, wo andere Urlaub machen. Das schöne Oberallgäu von dem viele irgendwie keine richtige Vorstellung haben. Oft werde ich auf meine Instagram Storys/ Beiträge hin angeschrieben und gefragt, wo in Österreich wir denn leben? Ähhhm, wir wohnen nicht in Österreich und ja, auch in Deutschland gibt es Berge.

Wie sind wir überhaupt hier gelandet?

Was hat uns überhaupt ins Allgäu verschlagen? Vorab sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass wir zuvor in München gelebt haben, für mich die schönste und lebenswerteste Stadt in Deutschland. Ich bin ein absoluter Stadtmensch und damals, nach dem Studium, ohne Job und genaue Perspektive nach München gezogen, weil ich einfach dort leben wollte. In München habe ich meinen Mann (einen Allgäuer) kennengelernt, bei einem tollen Arbeitgeber mein Geld verdient, unsere Tochter zur Welt gebracht, liebe Freunde gefunden und einige der schönsten Jahre meines Leben verbracht. Nur ist München auch leider eine der teuersten Städte, vor allem wenn es um das Thema Wohnen geht. Unsere 2,5 Zimmer Wohnung in der Innenstadt wurde mit Kind schnell zu eng und eine größere Wohnung war unverhältnismäßig teurer, wenn es überhaupt Angebote gab. Also standen wir vor der Entscheidung, bleiben und uns mit der Gegebenheiten in der Wohnung arrangieren, sprich versuchen mit weniger auszukommen oder gehen und Besitzer eines Eigenheimes werden. In unserem Fall war die Sache mit dem Eigenheim auch relativ einfach, da wir auf dem Grundstück der Schwiegereltern bauen konnten. Also noch ein Grund die Zelte in der Stadt abzubrechen.
Wir haben dann auch nicht lange überlegt und uns für eine neues Leben auf dem Land, im schönen Allgäu entschieden. Nicht oft aber dennoch bereue ich manchmal die Entscheidung, immer dann wenn mich die Sehnsucht nach der Stadt und dem pulsierenden Leben wieder einholt.

Was ich am Landleben mag

Vorab, ich wäre ganz sicher nicht überall hin aufs Land gezogen. Dort wo ich her komme zum Beispiel, einem kleinen Dorf im Saarland, wäre ich niemals wieder zurückgegangen. Für mich ist es total wichtig, dass ich wenigstens einen Supermarkt, Bäcker, Arzt, Apotheke und ein paar nette Restaurants fußläufig erreichen kann.
Mein Herz schlug schon immer für die Berge, somit viel mir der Schritt ins Allgäu nicht allzu schwer. Ich mag die Menschen mit ihrem lustigen Dialekt und freue mich immer wenn ich ein verrücktes Wort wie d’Grundbiara (Kartoffel) oder Hennabrupfa (Gänsehaut) aus dem Kontext raus übersetzen und mir dann auch noch merken kann. Die grünen Wiesen und die Freizeitmöglichkeiten in der Natur, sprechen ganz klar für das Landleben. Ganz besonders mag ich die wunderschöne Aussicht auf die Allgäuer Alpen, die wir täglich genießen dürfen, sie macht vieles wieder gut, das ich an der Stadt vermisse.

Dennoch wünsche ich mir manchmal unsere Leben in der Stadt zurück

Wie schon gesagt, München war für mich immer DIE Stadt, ich empfand das Leben dort als extrem Lebenswert. Ich habe es wirklich sehr zu schätzen gewusst, welches Glück ich hatte an so einem wunderschönen Ort Zuhause sein zu dürfen. Fußläufig in die Innenstadt, überall Parks mit schönen Spielplätzen, Kultur, Biergärten (die vermisse ich übrigens ganz besonders), sämtliche Einkaufsmöglichkeiten, die Isar und zu den umliegenden Seen war es auch nicht weit. Ich möchte hier zwar keine Lobeshymnen über München verfassen aber ich könnte noch zig Sachen aufschreiben, was ich an dieser Stadt wirklich liebe.
Für mich zählt auch nicht der Satz den immer alle zu mir sagen: „Ach, für Kinder ist es auf dem Land doch so viel schöner, weniger Verkehr, mehr Natur…“ Ich finde es gerade in München sehr Grün und der Verkehr ist hier im Ort teilweise höher, als er damals in unsrem Viertel in München war.

Natürlich gibt es auch Nachteile

Der Hauptgrund für unsere Stadtflucht waren die Münchner Mietpreise. Wir haben quasi direkt an der Theresienwiese gewohnt, in einem wunderschönen sanierten Altbau mit Innenhof und kleinem Park vor der Tür. Mein Mann hatte bereits 2 Jahre dort gewohnt, als ich zu ihm zog und damals, 2011 waren die Preise gerade noch so bezahlbar. Mit knapp über 1000 Euro warm für 70qm war die Wohnung eigentlich ein Schnäppchen. Sechs Jahre später dann, als wir eine größere Wohnung gebraucht hätten, waren die Mieten schon deutlich höher, eine 3-Zimmer im gleichen Haus hätte dann fast 2000 Euro gekostet und das wollten wir einfach nicht ausgeben. Ein zweiter negativer Aspekt waren die fehlenden Kita- und Kindergartenplätze. Ich bin wie in München durchaus üblich nach einem Jahr wieder zurück in meinen alten Job (25 Stunden), in dieser Zeit war unsere Tochter an vier Tagen der Woche für schlappe 850€ in einer privaten Einrichtung, da wir nichts Staatliches bekommen haben.

Fazit

Im Endeffekt, kann ich nicht sagen, dass mir die Stadt besser gefällt, ich kann aber auch nicht sagen, dass ich das Landleben schöner finde. Alles hat seine Vor- und Nachteile und wenn ich es für mich perfekt haben wollte, bräuchte ich ein Haus mit zwei Ausgängen, einmal aufs Land und einmal in die Stadt. Das allerwichtigste ist jedoch, es geht uns gut, wir haben zwei gesunde Kinder und leben zusammen an einem wunderschönen Ort.