Naschen, Rühren, Chaos produzieren
Ein Plädoyer für mehr Kinderhände in der Küche
Hier bei uns wird täglich miteinander geschnippelt, gekocht, gebacken und gegessen. Eigentlich immer ist es dabei sehr chaotisch und meist auch klebrig. Aber das lohnt sich. Die leuchtenden Augen, wenn die Kinder mal wieder etwa zum ersten Mal alleine geschafft haben, der Geschmack der ersten eigenen Pfannkuchen – unvergesslich!
Dabei sein ist alles!
Schon von klein an haben wir unsere Kinder bei den Küchenarbeiten mitmachen lassen. Dabei wird keiner gezwungen und jeder darf seinem Alter entsprechend helfen. Angefangen hat alles mit Spülmaschine ausräumen, Eier für Pfannkuchen zerkleppern und dem wöchentlichen Marktbesuch.
Inzwischen kann meine Sechsjährige dem Opa am Telefon schon locker Auskunft geben, wie man denn eigentlich Nudeln kocht (kein Witz!) und Pfannkuchen gehen auch schon in Eigenregie. Einmal durften wir Sonntagmorgens sogar „ausschlafen“ und die Kinder haben Pfannkuchen gemacht. Ich kann euch sagen: Roggenpfannkuchen schmecken zwar gewöhnungsbedürftig, man kann sie aber durchaus essen – vor allem wenn sie mit so viel Liebe gemacht sind!
Spielend helfen und geduldig sein
Sicher, nicht immer hat man die Geduld und die Zeit, die Kinder einfach machen zu lassen. Was wir aber gemerkt haben ist, wenn wir ihnen etwas zutrauen und unsere Geduld schenken, umso glücklicher erledigen sie ihre Aufgaben und umso besser schmeckt es uns allen später noch dazu. Was die Großen gerne machen ist beispielsweise Salatsoße anrühren. Dauert auch mal 20 Minuten, schmeckt dann aber auch. Meine Tochter ist die Expertin für unsere geheime Burgersosse, unser Mittlerer dafür Pfannkuchenteigchef. So hat jeder seine Stärken und darf stolz sein, auf das was er oder sie schon kann.
Zusammen spielen die beiden Großen immer wieder gerne das Küchenroboterspiel. Dabei sitzen sie mit Messer, Schäler und Brettchen gerüstet am Küchentisch. Ich werfe das Gemüse gewaschen in die Maschine (also auf den Tisch), programmiere meinen Roboter und lasse sie dann werkeln. Das können sie so ausdauernd machen, dass wir manchmal schon am Vorabend das Gemüse für das Mittagessen am nächsten Tag geschnippelt haben. Dabei gibt es bei uns eine eiserne Regel: probieren ist ausdrücklich erlaubt. Das gilt natürlich auch fürs Teig schlecken oder Soße naschen. Warum meine Nichten und Neffen wohl so gerne mit mir kochen und backen? Vielleicht auch weil man bei mir probieren muss…
Nachfragen und Forschen!
Wir sind regelmäßig alle zusammen auf dem Markt. Das ist Einkaufen mit allen Sinnen: hier kann man Käse probieren, den Gemüsebauern nach Rezepten fragen und auch einfach mal nach Farben kaufen. Lilia Schokopaprika sind von unserem Essenstisch nicht mehr wegzudenken und Paulines Käseempfehlung schmeckt immer. Auf dem Bauernhof unseres Vertrauens durften wir bei der Apfelsaftproduktion zuschauen, den wirklich frisch gepressten Saft probieren, durch Gewächshäuser schlendern… hier am Bodensee wohnen wir natürlich aber auch herrlich nah an vielen regionalen Erzeugern. Für Zuhause habe ich Euch eine wunderbare Buchempfehlung: Aus „Wo kommt unser Essen her“ haben die Kinder und ich so viel gelernt. Ich finde es so gut, dass ich es sogar dem Kindergarten geschenkt habe. Der Anbau auf kleinen Bauernhöfen wird großen Betrieben gegenübergestellt, von der Apfelplantage über Bäckereien, Fischfarmen oder Tomatenzucht ist alles dabei.
Julia Dürr
Wo kommt unser Essen her?
Empfohlen ab 6, ich finde es geht auch schon ab 4
Für kleinere Kinder ab etwa zwei Jahren empfehle ich Eric Carles Pfannkuchenbuch. Kennt ihr das? Felix will Pfannkuchen, aber dafür muss er erst Weizen dreschen, Mehl mahlen, Eier sammeln, Feuer machen, Teig rühren… meine Kinder haben es geliebt und dabei ganz spielend gelernt, dass das Mehl nicht aus der Tüte kommt.
Eric Carle
Das Pfannkuchenbuch
Empfohlen ab 4, ich finde es geht auch schon ab 3. Das Buch ist leider fast nur noch antiquarisch zu bekommen. Aber schaut doch mal im Bücherregal Eurer Eltern oder bei EBay nach.
Neues ausprobieren!
Ich habe unsere Kinder noch nie dazu gezwungen, etwas zu probieren. Aber ich habe zwei Tricks, wie sie immer wieder gerne und mutig etwas Neues wagen:
- Meine Geheimwaffe, die weltbeste Nachbarin: Unsere Nachbarin kocht unheimlich gut und lecker. Dort probieren (und essen) die Kinder auch das, was bei uns definitiv nicht schmecken würde.
- Der Vesperboxentausch: Freunde von uns besuchen den selben Kindergarten und die selbe Grundschule. Einmal in der Woche übernehme ich den kompletten Vesperboxendienst für alle Kinder, einmal die befreundete Familie. Da ist fast immer etwas Neues oder Überraschendes dabei. Und an manchen Tagen entspannt es auch ungemein, wenn man mal keine Boxen richten muss…
Wie macht ihr das mit dem Essen? Seid Ihr Team Solokocher oder schnippelt die ganze Familie mit?