SCN8A – Marie und ihre Familie kämpfen gegen eine seltene Genmutation

Als Tamara, die Mutter von Marie mich letzten Herbst via Instagram um Hilfe bat, wurde ich hellhörig. Tamara ist eine langjährige Followerin und erzählte mir dass ihre 18 Monate alte Tochter Marie, an der noch unheilbaren und sehr seltenen Krankheit SCN8A leidet. Doch was ist SCN8A genau? Ich selbst hatte noch nie davon gehört. Tamara, klärte mich so gut wie möglich auf. Gar nicht so einfach ist, denn die Krankheit ist sehr komplex und bei jedem betroffenen Kind unterschiedlich ausgeprägt. Aktuell gibt es weltweit ca. 400 Kinder, die von SCN8A betroffen sind. Am einfachsten, würde man SCN8A wahrscheinlich als Genmutation bezeichnen. Damit verbunden ist eine Einschränkung der Gehirnzellenfunktion. So können gravierende neurologische Probleme wie Epilepsien oder Entwicklungsverzögerungen entstehen. Das stellt sowohl Kinder als auch Eltern vor enorm große Herausforderungen.

Ich wollte Tamara und Marie unbedingt helfen, soviel stand fest. Und das nicht nur alleine durch meine Reichweite auf Instagram, auch mit Hilfe einer Spendenaktion an die thecutesyndrom Foundation. Denn nur durch die weitere Forschungsarbeit, kann ein Medikament gefunden werden, welches die Kinder dauerhaft von ihren Schmerzen erlöst. Nicht nur Marie, sondern alle anderen Betroffenen Kinder auf der Welt, haben das verdient.

In diesem Zuge habe ich gemeinsam mit Flaschenpost Gin Ende Januar, die limitierte whatevaloves Impact Edition herausgebracht. Pro verkaufter Flasche fließen 5€ an die thecutesyndrom Stiftung. Ihr könnt natürlich auch gerne mehr spenden unter: gofund.me/c2e1ca7c.

Was mir aber neben der Spendenaktion besonders am Herzen liegt, ist die Aufklärung und dass ich ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf diese seltene Krankheit lenken kann.

Jeder von uns wünscht sich ein gesundes Kind und ich kann wahrscheinlich nicht Ansatzweise nachempfinden, was Tamara und ihre Familie durchleben müssen. Trotzdem ist es mir ein großes Anliegen ihnen irgendwie ein kleines bisschen zu helfen. Damit ihr ein wenig mehr über SCN8A erfahrt, habe ich mit Tamara ein kleines Interview geführt.

Hattest du während deiner Schwangerschaft oder gleich nach der Geburt schon das Gefühl, dass bei Marie etwas anders war als bei deiner älteren Tochter?

Wie die meisten SCN8A-Kinder kam auch unsere Marie dem Anschein nach gesund zur Welt. Das durchschnittliche Alter für das Auftreten der ersten Anfälle liegt bei dieser Erkrankung bei ungefähr vier Monaten, wonach sich die Anfälle bis über das Alter von zehn Jahren hinaus fortsetzen. Unsere kleine Marie war genau vier Monate alt, als sie ihren ersten Anfall erleiden musste. Darauf folgte eine scheinbar endlose Reihe von Untersuchungen, wie zum Beispiel eine CT- und eine EEG-Untersuchung, eine LP (Lumbalpunktion) und eine MRT-Untersuchung. Da all diese Untersuchungen ohne Befund blieben, schwand unsere Hoffnung auf eine schnelle Heilung mehr und mehr. Erst eine humangenetische Untersuchung führte schließlich zu der Diagnose.

Wann habt ihr die Diagnose SCN8A erhalten?

Im Alter von vier Monaten erlitt Marie wie aus heiterem Himmel ihren ersten tonisch-klonischen epileptischen Anfall. Vor dem Beginn dieser Anfälle weisen die meisten SCN8A-Kinder keinerlei Auffälligkeiten auf. So war es auch bei unserer Tochter. Durch die nach ihrem ersten Anfall durchgeführten Standard-Untersuchungen, unter anderem ein MRT und ein EEG, konnte die Ursache nicht ermittelt werden. Erst etwa zwei bis drei Wochen später führte eine humangenetische Untersuchung zu der Diagnose und wir wurden mit der schockierenden Wahrheit konfrontiert.

Gibt es Möglichkeiten für eine Therapie und die Hoffnung darauf, dass Marie dadurch vollständig geheilt werden kann?

Damit sich ihr Zustand nicht verschlechtert und um alles nur Menschenmögliche zu tun, um weitere Anfälle zu verhindern, muss unsere kleine Marie wie die meisten SCN8A-Kinder sehr viele verschiedene Medikamente einnehmen. Leider geht die SCN8A-Epilepsie häufig mit einer Medikamentenresistenz einher. Zum Glück reagiert Marie bei der Verabreichung dieser Medikamente in supratherapeutischen Dosen in der Regel aber dennoch positiv auf die Natriumkanalblocker. Da es bei der Diagnose SCN8A momentan leider noch keine Aussicht auf eine Heilung gibt, besteht das oberste Ziel der Ärzte und der Eltern der von dieser Erkrankung betroffenen Kinder zurzeit hauptsächlich darin, den an dieser Krankheit leidenden Kindern eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen. Bedauerlicherweise ist die Lebensqualität der meisten betroffenen Kinder trotz des individuell auf sie abgestimmten Medikamenten-Cocktails bisher aber noch immer stark eingeschränkt.

Wie sieht euer Alltag mit dieser Krankheit aus?

Seitdem wir erfahren haben, dass unsere kleine Marie an SCN8A leidet, hat sich unser Leben natürlich grundlegend verändert. Zwischen all den Terminen bei Neurologen und Nephrologen, der Physiotherapie und den anderen Therapien achten wir aber trotz allem darauf, uns nach Möglichkeit ab und an kleine Auszeiten zu gönnen und das Leben mit anderen Augen zu sehen. Wenn man ein krankes Kind hat, das man über alles liebt, erkennt man sehr schnell, was im Leben wirklich zählt. Den Alltag, den wir vor der erschütternden Diagnose gekannt haben, wird es für uns nie mehr geben. Das wissen und das akzeptieren wir. Auch dies wird nicht das Geringste daran ändern, dass uns unser Sonnenschein Marie – ebenso wie ihre wundervolle ältere Schwester – absolut alles bedeutet und dass sie unser größtes Glück auf dieser Erde ist und bleibt. Jedem Menschen, der ihr begegnet, schenkt sie gern ein Lächeln. Für Marie und für alle anderen unter der heimtückischen Erkrankung SCN8A leidenden Kinder wünschen wir uns nichts anderes als ein unbeschwertes Leben ohne die schrecklichen Schmerzen, die ihre kleinen Körper viel zu oft ertragen müssen.

Was wünschst du dir und deiner Tochter für die Zukunft?

Ich wünsche mir eine Zukunft, in der kein einziges Kind mehr an SCN8A leiden oder sterben muss. Und ich wünsche mir eine Zukunft, in der unsere Gesellschaft viel stärker zusammenhält und sich mit vereinten Kräften für Kinder wie unsere kleine Marie einsetzt. Weil Marie keine Stimme hat, erheben wir unsere Stimme an ihrer Stelle. Damit sie überall auf der Welt gehört werden, sprechen wir im Namen aller SCN8A-Kinder. Für die Zeit, in der wir irgendwann einmal nicht mehr da sein werden, wünschen wir uns, dass es Menschen geben wird, die unseren Platz einnehmen, die sich für Marie einsetzen, die ihr zur Seite stehen und die tagtäglich um ihr Leben kämpfen werden. Deshalb setze ich all meine Hoffnung auf unsere Gesellschaft und auf die Menschlichkeit jedes Einzelnen. Ich glaube ganz fest daran, dass es für Marie und für alle Kinder wie sie eines Tages ein zuverlässig wirkendes Medikament geben wird, das sie endlich von dieser grausamen Erkrankung befreit. Ebenso sehr wünsche ich mir eine Zukunft, in der Marie einfach nur sie selbst sein kann. Und ich wünsche mir von ganzem Herzen eine Zukunft, in der Kinder wie Marie an jedem Ort der Erde bedingungslos akzeptiert werden. Aus welchem Grund soll die Selbstständigkeit eigentlich das höchste Gut sein? Warum betrachtet man das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft als Schwächen und nicht als die Stärken, die diese Eigenschaften in Wahrheit sind? Da niemand weiß, wie sich ein SCN8A-Kind im Laufe seines Lebens entwickeln wird, kann auch keiner vorhersagen, wie die Zukunft unserer geliebten Marie aussehen wird. Noch weitaus mehr als alles andere wünsche ich mir, dass Marie zu jeder Zeit bedingungslos geliebt und akzeptiert werden wird. Ich möchte, dass sie immer spüren wird, dass sie genau so richtig ist, wie sie ist. Ob sie jemals in irgendeine Schublade passen wird, spielt dabei für mich nicht die geringste Rolle.

Wie weit ist die Forschung inzwischen gekommen?

Bei meinem letzten Interview hat mich diese Frage noch schmerzlich berührt. Zu der Zeit gab es für die SCN8A-Kinder nämlich noch gar keine nennenswerte Forschung. Heute kann ich euch mit einem freudestrahlenden Lächeln berichten, dass sich das endlich geändert hat. Das nahezu unglaubliche Engagement der The Cute Syndrome Foundation hat den Weg dafür geebnet, dass wir uns nun bereits in der Phase II einer bahnbrechenden Studie befinden. Das im Rahmen dieser Studie entwickelte Medikament nennt sich NBI-921352. Hierbei handelt es sich um einen selektiven Inhibitor des NaV1.6-Kanals, der bei SCN8A von der Genmutation betroffen ist. Zwei Zentren-Pins, die an dieser Studie teilnehmen, sind die Schön Klinik (https://www.schoen-klinik.de/vogtareuth) in Vogtareuth, in der Prof. Dr. med. Gerhard Josef Kluger die Aufgabe des Ansprechpartners übernommen hat, und das Universitätsklinikum Tübingen (https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/), für das Dr. Michael Alber als Ansprechpartner fungiert.